Höher als die Zugspitze

Von der Küste aus fahren wir weiter ins Landesinnere Richtung Kutaissi (drittgrößte Stadt Georgiens) und nehmen trotz sommerlicher Temperaturen erstmal ein Bad in den heißen Schwefel Quellen bei Vani.

In Kutaissi gehen wir auf dem Green Bazaar einkaufen und sind mal wieder überwältigt von der riesigen Auswahl an frischem Obst und Gemüse, Gewürzen und Sulguni (georgischer Salzlakenkäse).

Sulguni Stände auf dem Green Bazaar

Autofahren in Georgien ist nach wie vor ein kleines Abenteuer. Überholmanöver vor Kurven, in Kurven, kurz vor einer Kuhherde und natürlich 50 Meter bevor eh abgebogen wird, sind hier an der Tagesordnung. Wir treffen Georgier, die uns erzählen, dass man bis vor kurzem in Georgien wohl noch den Führerschein für 30 Lari (umgerechnet circa 10€) machen konnte, ohne vorher auch nur eine einzige Fahrstunde absolviert zu haben. Lediglich eine Runde auf dem Übungsplatz war bis vor kurzem wohl notwendig um Georgiens Straßen unsicher machen zu dürfen.

Oberirdisch verlegte Gasleitungen sind hier auch keine Seltenheit

Wir fahren weiter zu einem Klettergebiet bei Katskhi. Da es hier keine wirklichen Stellplätze gibt, die Gegend jedoch auch relativ einsam ist, stellen wir uns am Wegrand auf eine Wiese in der Nähe der Kletterrouten. Nach einiger Zeit nähert sich ein Auto, wird langsamer und hält an. Wir befürchten schon, dass wir nun weggeschickt werden und hier nicht stehen dürfen. Aber nein, wir sind ja in Georgien. Dem Land in dem Gäste als Geschenk Gottes gelten. Wir bekommen ein kühles Bier geschenkt und werden eingeladen, später ins Climbers House zu kommen. Dort verbringen wir den Abend mit drei sehr netten Georgiern, die ebenfalls zum Klettern dort sind und uns zum Barbecue einladen.

In der Nähe des Klettergebiets in Sveri sehen wir, dass bei Google Maps ein Swimming Pool eingezeichnet ist und genießen die Erfrischung. Nachdem ich mir beim Klettern am nassen Felsen das Handgelenk verletzt habe und es erstmal schonen muss, entscheiden wir uns in die Berge, nach Mestia zu fahren. Mestia ist eine Kleinstadt im Nordwesten von Georgien, im großen Kaukasus und liegt auf einer Höhe von 1.500 Meter. Dort soll es viele schöne Wander- und Trekkingtouren geben. Für den Weg von Sugdidi nach Mestia (136 Kilometer) berechnet Google Maps für diese Strecke drei Stunden und fünf Minuten. Wir brauchen allerdings mal wieder deutlich länger.

Enguri Staumauer - zweithöchster Damm der Welt (271,5 m)

In Mestia angekommen sehen wir allerdings zunächst noch nicht viel von den berühmten Bergen des Kaukasus. Es regnet und regnet und regnet, die Berge sind mit Wolken verhangen und wir verbringen die nächsten Tage erstmal nur im Auto und hoffen auf besseres Wetter.

Irgendwann klart der Himmel dann aber doch noch auf und wir brechen zu unserer ersten Wanderung auf. Es geht zum Chkukti Grad auf dem wir die Steintürme auf 3100 Metern (höher als die Zugspitze!!) erreichen wollen. Harrie lassen wir auf 1700 Metern stehen und beginnen mit dem Anstieg. Der Weg führt zunächst über wunderschöne Bergwiesen mit unzähligen Wildblumen, doch die Landschaft wird schon bald karger und bei den Steintürmen liegt sogar noch ein wenig Schnee. Die letzten Meter werden dann (von mir) auch eher im Zeitlupentempo zurückgelegt, denn die Höhe macht uns schon zu schaffen.

Beschwerlicher Anstieg auf den Chukti Grad
Steintürme auf 3100 Metern

Nachdem wir uns etwas erholt haben, starten wir einige Tage später auf eine mehrtägige Trekkingtour mit Zelt. Wir wollen probieren per Anhalter wieder einige Kilometer zurück Richtung Sugdidi zu fahren und dann die Strecke zurück nach Mestia zu wandern. Nach einiger Zeit am Straßenrand hält dann auch eine Marshrutka (Minibus) und der freundliche Fahrer, der gerade privat mit seiner Familie unterwegs ist, nimmt uns ein Stückchen mit. Unsere zweite Mitfahrgelegenheit ist leider weniger freundlich und verlangt am Ende noch 20 Lari (circa 7€) von uns. Mit nicht mehr ganz so guter Laune laufen wir dann gegen Mittag aber endlich los und stoßen schon bald auf das erste Hindernis.

Improvisierter Regenunterschlupf

Am Abend schlagen wir unser Zelt in den Bergen auf, kochen uns ein leckeres Abendessen und sehen plötzlich zwei Georgier auf einem Minitraktor vorbeikommen, die ein totes Schwein hinter sich herziehen.

Abendessen?

Am nächsten Tag merken wir leider, dass wir die Tour frühzeitig abbrechen müssen. Hendriks Knie schmerzt beim Heruntergehen zu stark und so gehen wir noch langsam hinunter ins nächste Dorf, lassen uns dort in einem Guest House ein riesiges Abendessen schmecken und werden dann von einem jungen Georgier zurück nach Mestia gefahren. Dem Mann scheinen die georgischen Bergstraße in der Abenddämmerung auch nicht ganz geheuer zu sein, denn er bekreuzigt sich an jeder kleinen Kapelle, an der wir vorbeikommen mindestens dreimal. Dies hält ihn allerdings auch nicht davon ab, während der Fahrt Videos von mir und seinen zwei Kollegen auf der Rückbank für Insta zu drehen und so sind wir sehr froh als wir heile wieder in Mestia ankommen.

Am nächsten Tag fahren wir über eine mal wieder etwas abenteuerliche Straße in die abgelegene Dorfgemeinschaft Ushguli. Ushguli ist besonders bekannt für seine Wehrtürme, die sogenannten Swan-Türme, die den Familien damals Schutz vor Feinden boten. Das Internet sagt außerdem, dass Ushguli die höchste ständig bewohnte Siedlung Europas ist. Uns gefällt es dort aufjedenfall sehr gut!

Gaumarjoba!

Bevor wir Mestia wieder verlassen, wander ich noch alleine zum Chalaadi Gletscher da Hendrik sein Knie leider noch schonen muss. Und dann machen wir uns auf den Weg in Richtung der Haupstadt Tiblisi, wo wir uns in ein paar Tagen mit Hendriks Mama treffen wollen, die uns besuchen kommt.

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