GAUMARJOS!

Von der Grenze aus fahren wir als Erstes weiter Richtung Achalziche. Dort wollen wir uns georgische Sim-Karten besorgen. Aber bis wir dort ankommen kann es noch etwas dauern. Denn Autofahren in Georgien ist deutlich abenteuerlicher als wir es bisher gewohnt waren. Harrie muss sich durch unzählige Schlagöcher kämpfen, sich unter niedrighängenden Stromleitungen hindurchquetschen und immer wieder vorwitzigen Kühen ausweichen, die es sich auf der Straße bequem gemacht haben.

Unsere erste Nacht in Georgien verbringen wir dann an einem Fluss in der Nähe der Stadt Achalziche und dürfen gleich am ersten Abend die berühmte georgische Gastfreundschaft kennenlernen. Ein Mann kommt zu uns und lädt uns zum Essen mit seiner Familie ein. Alle sind unglaublich offen und herzlich und obwohl wir uns nicht ohne Google Translate verständigen können, verstehen wir uns alle direkt prächtig. Ob das an dem guten georgischen Wein liegt, der uns hier ohne Pause nachgeschenkt wird? Man weiß es nicht. Wir lernen unser erstes Wort auf georgisch, GAUMARJOS, was soviel wie Prost bedeutet. Eine äußerst wichtige Vokabel wie sich herausstellt, denn alle paar Minuten erfolgt ein neuer Trinkspruch. Getrunken wird auf alles. Auf Deutschland, auf Georgien, auf die Freundschaft, die Familie, auf unser Treffen, die Kinder… einfach auf alles! Ein besseres Willkommen in Georgien hätten wir uns definitiv nicht wünschen können.

Wir verabreden uns mit der Familie für den nächsten Abend und werden erneut überrascht von der Freundlichkeit der Georgier! Denn am nächsten Abend bringen sie uns außer erneut ganz viel Wein auch noch Khinkali (gefüllte Teigtaschen) und Khachapuri (mit geschmolzenem Käse gefülltes und belegtes Brot) vorbei. Wir revanchieren uns als es dunkel wird mit einer Feuerzangenbowle (die Zutaten dafür fahren wir seit unserem Silvester in Tschechien nun fast ein halbes Jahr durch die Weltgeschichte). Aber es halt sich gelohnt. Alle sind begeistert von dem Spektakel und wir können es kaum glauben als sie uns erzählen, dass sie bisher noch nie zuvor warmen Wein getrunken haben.

Khinkali und Khachapuri
Rabati Castle

Goderdzi Pass

Nachdem wir am nächsten Tag mit Giorgi noch die Burg von Rabati besichtigt haben und bei circa 30 Grad ein Bad in einem Thermalbad genommen haben, fahren wir weiter Richtung Batumi über den berühmt berüchtigten Goderdzi Pass.

Laut dangerousroad.com werde man auf diesem Pass sein Auto zerstören („The road is very rough–only try driving it in a 2wd car, if you’re planning to buy a new car.“), laut iOverlander soll die Strecke aber sehr schöne Aussichten bieten und auch Allrad soll nicht zwingend notwendig sein, da auch die Georgier mit ihren Ford Transits fast überall durch- und hinfahren. Im Winter ist zumindestens der erste Abschnitt wohl nicht passierbar. Wir entscheiden uns, es einfach mal zu probieren. In Batumi wollten wir ja eh in die Werkstatt fahren…

Nach einigen Kilometern endet der Asphahlt dann auch schon abrupt und wir sind auf der Piste. Dass der Weg so schlimm ist, hätten wir nicht gedacht. Der erste Abschnitt ist voller Baustellen und wir fragen die Bauarbeiter ob der Pass zur Zeit passierbar ist. Die zeigen den Daumen hoch und so geht es weiter im 1. Gang bei 5kmh über durch die Baustelle bedingtes grobes Geröll, gefolgt von einer Piste mit wellenförmiger Oberfläche, so dass wir durchgehend gut durchgeschüttelt werden. Bis auf den chinesischen Bauherren, der uns immer wieder mit seinen Jeep überholt, sind wir zunächst das einzige Auto Richtung Batumi. Überall wird der talwärtige Hang verstärkt, vielleicht soll hier mal eine Asphaltstraße gebaut werden?

Die Fahrt ist sehr anstregend, da immer vorrausschauend ein passende Linie auf Grund von tiefen Verwaschungen und Buckeln gewählt werden muss.

Nach ein paar Stunden und 30km sind wir im ersten Dorf auf knapp über 2000m Höhe. Für die Nacht fahren wir zum Green Lake. Dorthin ist die Strecke netterweise asphaltiert. Die ganze Nacht durch gewittert es mal mehr, mal weniger und so starten wir etwas müde am nächsten Tag zur zweiten Etappe. Es sind noch über 100 Kilometer bis nach Batumi und wenn wir genauso langsam wie gestern vorankommen, wird das ein großer Spaß.

Almählich treffen wir aber auch andere Fahrzeuge, die von Batumi kommend vollgepackt mit Baumaterial ihre Sommerhäuser ansteuern. Auf der Hälfte der Strecke werden große Hotelanlagen gebaut. Wir sehen auch ein paar Skilifte und hoffen daher auf eine bessere Straße.

Nach dem ganzen Regen der Nacht ist die Piste nun ziemlich aufgeweicht, aber zum Glück nicht mehr ganz so ausgefahren, sodass wir teilweise auch im 2. Gang fahren können. Wir passieren weiter kleine Bäche und Stellen, wo nur noch ein Auto durchpasst, da der Hang komplett von oben abgerutscht ist. Immer wieder warten wir auf entgegenkommende Fahrzeuge und auch an den Baustellen heißt es immer wieder warten, bis die Bagger die Kipper voll mit Gestein beladen haben und diese dann abfahren.

Ein paar Stunden haben wir es  dann wieder auf aspahltierte Straße geschafft. Für uns war es ein kleines Abenteuer, für die Menschen in den Dörfern ist die Piste Normalität. Das ganze Geschaukel war wirklich anstrengend und als Fahrer hat man leider nicht so viel von den schönen Aussichten mitbekommen.

Kurz vor Batumi: GAUMARJOS!

Batumi

Bevor wir uns Batumi, die zweitgrößte Stadt Georgiens, anschauen, wollen wir mal wieder klettern gehen. Die Routen befinden sich allerdings direkt neben einer Schnellstraße, die direkt zur türkischen Grenze führt und dementsprechend stark befahren ist. Direkt nebenan ist außerdem eine Tankstelle, wo auch viele LKWs gerne mal ein Päuschen einlegen, sodass Hendrik bevor wir am zweiten Tag klettern gehen können erstmal ein Häufchen vergraben muss. Der Name der dortigen Kletterroute passt perfekt: Toilet.

Stellplatz an der Strandpromenade kurz vor Batumi

Die Kletterrouten können uns nicht übermäßig begeistern und auch beim Angeln hat Hendrik leider kein Glück. Nachdem wir die Nacht damit verbracht mit einem Mückenmassaker in Harrie verbacht haben, geht es zerstochen und müde weiter nach Batumi. Wir laufen ein Stück an der Strandpromenade von Batumi vorbei, probieren das für diese Region berühmte Acharuli Khachapuri (Brot gefüllt mit Käse, einem Ei und Butter) und schauen uns als es dunkel wird die dancing fountains an. In Batumi beginnt so langsam die Sommersaison und die Stadt ist gefüllt mit Touris. Aus der Türkei kommend ist es für uns zunächst ein seltsames Gefühl wieder in einer mehr westlich orientierten Stadt unterwegs zu sein. Die Kopftücher sind verschwunden, wir sehen wieder Leute, die mit ihren Hundis an der Leine spazieren gehen und generell fühlt es sich an, als könnten wir auch gerade durch die Straßen von Köln gehen.

Acharuli Khachapuri

Werkstattbesuch

Auch wenn wir keine Lust auf Werkstatt hatten, musste das Geräusch nach 1000km mal angegangen werden. Also fuhren wir zu einer großen Werkstatt in Batumi, die in iOverlander, einer App für Reisende, empfohlen wurde.

Dort angekommen machten wir nach kurzer Wartezeit mit einem Mitarbeiter, der Englisch und auch etwas Deutsch sprach, eine Diagnosefahrt. Er vermutete auch das Kardanwellenlager. Also wurde Harrie hochgefahren und per Stethoskop der Verdacht bestätigt. Das alte Mittellager hatte also nur ca 20t km gehalten. Nachdem das erste Ersatzteil nicht auf die Welle passte, wurde das richtige Teil geordert. Da nun aber schon Mittag war, machte die Belegeschaft erstmal Pause in der Kantine. Neben der fast direkten Annahme von unserem Problem, zeigte sich auch hier die Gastfreundschaft der Georgier. Uns wurden zwei Essengutscheine ausgehändigt und so konnten wir uns in der Kantine unser Mittagessen aussuchen.

Das Lager war dann schnell getauscht und wir konnten weiter zum Car Bazar.

Für die Reparatur haben wir umgerechnet circa 65€ bezahlt. Deutlich teuer als in der Türkei, aber in Deutschland hätte der Tausch mit zweiwöchiger Wartezeit wahrscheinlich über 200€ gekostet.

Auf dem Car Bazar konnten wir zwischen den Ersatzteilen, Ölen,, Pflegemitteln und verschiedenen Arten von Schrauben und allerlei Raritäten auch nach einigem Fragen einen Trichter und etwas Fett ergattern. In Gerogien gibt es zwar viele Wasserstellen, aber leider kann dort nicht so komfortabel wie in der Türkei ein Schlauch angeschlossen werden, um Frischwasser zu zapfen.

Erster Strafzettel

Von Batumi aus fahren wir weiter die Küste entlang und werden von der Polizei angehalten. Der Polizist spricht kein Englisch und versucht uns mithilfe eines Fotos und einer Zeichnung zu erklären, was wir falsch gemacht haben. Da wir keine Ahnung haben, wie das hier in Georgien mit der Polizei läuft, überlegen wir schon, wie wir erklären können, dass wir jetzt auf keinen Fall irgendeine hohe Summe in Bar bezahlen wollen, aber darauf will der nette Polizist auch gar nicht hinaus. An einer sehr unübersichtlichen Kreuzung haben wir wohl das Vorfahrt aufgehoben Schild übersehen und sind ohne zu Blinken und ohne zu warten weiter geradeaus gefahren. Dafür bekommen wir nun einen Strafzettel über umgerechnet circa 7€, den wir bei der Bank of Georgia innerhalb von 30 Tagen bezahlen müssen. Also doch nichts mit Abzocke.

Steht mittlerweile fast jeden Tag bei uns auf der Speisekarte: Frisches Puri (Georgisches Brot)
Sinnie gefällt Georgien auch ganz gut
Besuch von den Nachbarn
Wir werden zu Chacha und Vodka eingeladen

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